1977: Bericht in der Kinderzeitschrift Kinderlegion: Oktoberfest-Rarität: Er wird jetzt nahe 70 sein, der einzige und wohl letzte Flohzirkusdirektor Deutschlands, ja Europas, Peter Mathes aus Nürnberg. Früher konnte man ihn auf vielen Jahrmärkten antreffen, die letzten Jahre führte er mit zunehmendem Alter seinen Zirkus nur mehr auf dem Münchner Oktoberfest vor.

Eine Oktoberfest-Rarität - Der Flohzirkus

Ich selber habe den Mann und sein Unternehmen vor Jahren auf der Altöttinger Fronleichnamsdult kennen gelernt. „Flohzirkus" besagte ein Plakat. Bedeutete es einen Kleinstzirkus, so wie man einen Markt mit allerlei kleinen Dingen einen Flohmarkt nennt? Oder handelte es sich wirklich um einen Zirkus, in dem Flöhe ihre Kunststücke vorführten wie in einem Großzirkus Elefanten und Löwen? Es war tatsächlich ein Zirkus mit Flöhen. Auf einem Tisch stand die „Manege". Der Flohzirkusdirektor winkte uns heran. „Haben Sie keine  Scheu", beruhigte er, „die Flöhe können nicht überspringen, sie sind unter Glas und sind alle angehängt, außerdem leben sie ganz ihrem Beruf als Artisten."

Übrigens waren es, genau gesagt, gar keine Flöhe, sondern — wie uns Herr Mathes sagte Flöhinnen. „Die Flohmännchen taugen nicht viel zur Arbeit", belehrte er uns. „Aber es liegt weniger daran, weil sie nicht arbeiten mögen, sondern weil sie viel kleiner und schwächer sind als die Weibchen. Bei den Flöhen sind also, wie bei den Spinnen, die Damen das „starke Geschlecht" und die Männchen das „schwache". Herr Mathes gab jedem von uns ein Vergrößerungsglas in die Hand, daß wir die Tiere bei ihrer Arbeit besser beobachten konnten.

Und welche Arbeit sie schafften! Einfach staunenswert! Sie brachten einzeln oder zu zweit und dritt Geschütze, Streitwagen, Lastwagen, Feuerwehrwagen und eine Postkutsche in Bewegung — welche Ungetüme im Vergleich zur Größe des Flohes! Einer schob ganz allein ein für seine Größe bzw. Kleinheit riesiges Karussell, ein anderer jonglierte mit einer überdimensionalen Kugel und wieder einer schoß „unhaltbare" Fußballtore.

Allerdings »sind die Geräte, an denen der Zirkusfloh arbeitet, aus allerleichtestem Metall, aber doch noch bis zu 300mal schwerer als der Floh selber. Wenn ein Mensch das Drei- und Vier- oder gar Fünffache seines Körpergewichtes hebt oder stemmt, dann ist er schon ein Weltmeister seines Faches. Im Verhältnis zum Floh aber müßte er 500-600 Zentner heben  oder bewegen können. Und mit der Sprungleistung des Flohes ist es nicht anders. Ein Mensch im Verhältnis zu seiner Größe müßte mit der Leistung des Flohes über hohe Berge springen können.

Als Geschirr trägt der Zirkusfloh eine ganz feine Golddrahtschlinge um die dem Kopf folgende Einkerbung. Ein äußerst schwieriges Kunststück für sich, ihm dieses Geschirr anzulegen, weshalb er es dann auch Tag und Nacht trägt. Den Floh geniert das mit der Zeit wenig; er meint, es gehöre zu seiner natürlichen Ausstattung. Das Leben der Flohartisten ist darum auch nicht kürzer als das der Flöhe, die in „freier Wildbahn" leben — sechs Monate.

„Und woher bekommen Sie ihren Nachwuchs an Flöhen?" fragte ich. „Ja, das ist nicht leicht" antwortete Herr Mathes, „denn 'der Floh ist in Deutschland nahezu am Aussterben, und Inzucht ist nicht gut." Einmal, in Hannover, half ihm ein alter Mann aus der Verlegenheit, bei dem Mathes nach seinem Aussehen richtig vermutete, daß er Flöhe in Kost und Logie hatte. Er versprach ihm für jeden gesunden Floh eine Mark. Da brachte ihm der Alte jeden Tag freudestrahlend acht bis zehn Stück. Einen solchen Glücksfall ausgenommen muß Herr Mathes seine Flöhe aus Zuchtfarmen beziehen. Ja, so weit ist es gekommen. Früher waren die Läuse und Flöhe so allgemein verbreitet, daß sich nicht einmal vornehme Leute ihrer schämten. Und noch Goethe dichtete:

„Die Flöhe und die Wanzen,
Gehören auch zum Ganzen."

Darum spielte der Floh auch in Sprichwörtern und Redensarten eine große Rolle z. B.: „Jemandem einen Floh ins Ohr setzen" oder „Dich beißt der Floh" oder vor lauter Gescheitheit „die Flöhe niesen hören". Damals war auch das Interesse an Flohzirkussen noch viel größer und allgemeiner als heute; und der einstmals berühmteste aller Flohzirkusdirektoren, Raimund Otava aus Brünn in der heutigen Tschechoslowakei, durfte seine „Truppe" noch vor Kaiser und Königen, ja selbst vor dem Papst vorführen. Bei Otava ging Herr Mathes auch in die Schule und übernahm von ihm nach dessen Tod „den ganzen Zirkus".

So schwer ist übrigens die Dressur der Flöhe gar nicht. Sie beruht im Wesentlichen auf der Lichtscheu des Flohes. Bringt man ihn ins Tageslicht und spannt ihn an ein Gefährt, dann geht er eben automatisch damit „durch". Oder wenn man ihn an eine Kugel oder einen Ball bindet, dann geht er ebenso automatisch damit „hoch". Mit einer besonderen „Intelligenz" - der Flöhe oder mit Hexerei" hat die Dressur also nichts zu tun. Und die Engländer, die vor 300 Jahren einen unschuldigen und fröhlichen Kapuziner öffentlich als „Hexenmeister" verbrannten, weil er Flöhen Kunststücke beigebracht hatte, stellten ihrer eigenen Intelligenz ein sehr schlechtes Zeugnis aus.

Nochmals eine Hochsaison hatten die Flöhe in der großen Völkerwanderung in und nach dem Zweiten Weltkrieg. Seitdem ist es — mit dem Fortschritt der Hygiene und mit dem Verschwinden der bei den Flöhen so beliebten Strohsäcke aus den Betten — „still" geworden um den Floh wie um die Flohzirkusse.

Noch eine Frage stellte ich Herrn Mathes: „Wie ernähren Sie eigentlich ihre Flöhe?" „Mit meinem eigenen Blut", gab er lächelnd zur Antwort, „sie nehmen nichts anderes. Aber die Fütterung tut mir längst nimmer weh und schadet mir gar nichts. So ein kleiner Aderlaß ist ganz gesund." Mit seinem wissenschaftlichen und lateinischen Namen heißt der Floh pullex irritans, zu deutsch: der aufreizende, störende Floh.

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