1997: Merkur Journal "Floh Theodor kickt den Fussball": Wenn Flöhe Kunststücke aufführen, staunt der Mensch. Als Haustier zwar absolut unerwünscht, erringen die Winzlinge für ihre artistischen Auftritte im Flohzirkus dennoch große Bewunderung.

Floh Theodor wird dressiert

Er ist der Direktor. und doch saugen sie ihn alle aus. Er hat in seinem Leben tausende von Tieren dressiert. und was hat er jetzt davon? „Ich sitz den ganzen Tag hinten und tu füttern“. Und das Füt­tern sagt Hans Mathes, „ist das A und 0". Wenn er seine Flöhe selbst gefüttert hat, weiß er, „daß sie vorne lau­fen".

Momentan sogar recht fleißig. Denn Hans Mathes, der aus Nürnberg stam­mende letzte Flohzirkus- Direktor Europas, gastiert wieder auf der Wiesn. In der Straße 1 neben dem Kinderkarussell steht sein Flohzirkus. An der Kasse sitzt Mathes' Frau Ingrid, ebenfalls Nürnbergerin, und beantwortet fast so viele Fragen wie sie Karten verkauft. Denn die Zahl der Ungläubigen ist groß. Sie können sich den lei­stungswilligen Floh nicht vorstellen.

In Mathes Familie glaubten sie freilich schon früh daran, dass jede Menge Kraft steckt im gemeinen Menschenfloh. In einem der Kriege Ende des letzten Jahrhunderts, von dem keiner weiß, welcher Krieg das nun gewesen ist, hat Großvater Mathes irgend­wann irgendwo die Flöhe eingefangen, die an ihm herumkrabbelten. Er zog die Goldfäden aus den be­stickten Schulterklappen seiner Uniform und spann­te die kleinen Gefangenen ein - zu seinen Diensten. Später baute er das nette Flohzirkus- Gebäude und ein filigranes Messingwä­gelchen, das zu ziehen er die Flöhe an­wies und das heute noch im Einsatz ist, und er bastel­te ein klitze­kleines Floh­dorf als Ku­lisse für seine winzige Floh-Arena. Bald züchtete er Flöhe, und noch später war er viel unterwegs, gelangte mit seinem Schaustellerwagen sogar bis nach Rußland und England, wo Zarin Katharina und die Queen zu seinen Zuschauern zählten.

Vater Mathes wurde 1946 Direktor

Vater Mathes wurde 1946 Direktor. Er erreicht bei seinen Reisen nurmehr Hamburg oder Bremen und spielte in immer kleineren Dörfern auf immer kleineren Jahrmärkten. Zum Füttern seiner Flohzucht stieg er einfach barfuß in den „emaillierten Blecheimer" mit Sägespähnen, in dem er die Brut hegte und pflegte. Dabei sprangen „etliche" Flöhe auf und davon und nisteten sich zum Beispiel im Wäscheschrank der Familie ein. So ist Hans Mathes groß geworden. „Man ist halt so reingewachsen", sagt er. Sie sind sieben Kinder, er ist der Jüngste der drei Buben, und er war der einzige, den der Zirkus juckte. Mit sieben, acht Jahren gab er seine ersten Nachmittagsvorstellungen. 1957 stellte Vater Mathes das Reisen mangels Rentabilität ein. Er arbeitete hauptberuflich wieder als Feinmechaniker. 1958 trat er erstmals beim Oktoberfest auf.

Nun ist es ja absolut unglaublich, daß der Mensch den Floh regiert. Die Zweifler auf der Wiesn staunen und wetten. Erst letzten Sonntag mußte ein Ungläubiger fünf Maß Bier an seine Freunde zahlen, weil er von seiner fixen Idee, die Flöhe seien Plastikflöhe, nicht abrücken wollte.

Es war auch einmal ein Amerikaner im Zirkus, der blieb fünf Vorstellungen lang sitzen - auf der Suche nach dem vermeintlich vorhandenen, versteckten Magneten Er fand ihn natürlich nicht.Die Flöhe sind so stark. Ein Floh springt ohne weiteres einen Meter weit und 20 Zentimeter hoch -  vergleichsweise ist das, als ob ein Mensch aus dem Stand heraus auf den Mount Everest hüpfte. Sie ziehen, selbst gerade ein Fünftel eines Milligramms schwer, das 20 000fache des eigenen Körpergewichts.

Wenn der Mensch etwas Ähnliches vollbringen wollte, müsste er einen Güterzug in Bewegung setzen.

Der Floh ist das stärkste und schnellste Lebewesen

„Vom Körpergewicht her", sagt Hans Mathes voller Anerkennung, „ist der Floh das stärkste und schnellste Lebewesen". In seinem Zirkus kickt außerdem Floh Theodor einen tablettengroßen Fußball in ein Floh-Fußballtor. Floh August der Starke bringt ein Mini-Karussell in Schwung, und das Greterl, das Reserl und die Ingrid schleppen Riesenkostüme durch die kleine Landschaft - die Floh-Ballerinas beim Tanzen des Flohwalzers.

Klar haben die Flöhe Hunger nach so einer Anstrengung. Das ist das Schicksal von Hans Mathes. Er füttert nur noch. 60 bis 70 Flöhe nimmt er auf einmal auf seinen linken; eigens rasierten Arm, und eine Fütterung dauert eine Stunde. Dabei darf sich Hans Mathes nicht rühren, denn wenn er sich zuviel bewegt, saugt der Floh sein zur Blutverdünnung abgesondertes Sekret nicht wieder mit ein, und der Stich schwillt an und juckt.

Dreimal täglich füttert der Zirkusdirektor die Artisten

Dreimal täglich spendet Hans Mathes seinen Artisten ( „sechs Garnituren ä zehn Flöhen") Blut; einmal täglich sind die genau gezählten 108 „Reservisten" dran.

Man kann nicht sagen, dass die alten Zeiten auf jeden Fall die besseren gewesen sind für einen Flohzirkus-Direktor. Hans Mathes hat einmal von einem englischen Mönch gelesen, der im Mittelalter mit abgerichteten Flöhen kollaborierte. Der arme Mönch wurde der Hexerei bezichtigt und verbrannt. Im 19. Jahrhundert kam das Dressieren von Flöhen und das Vorführen dressierter Flöhe ein wenig in Mode. Damit ist es vorbei.

Der letzte Flohzirkus Europas

Hans Mathes ist, wie gesagt, der letzte Flohzirkus-Direktor Europas. Einen Nachfolger hat er nicht. Weil er öfter nach Amerika und nach Japan engagiert wird, ist zu anzunehmen, dass es auch dort keinen Flohzirkus mehr gibt: Er trat und tritt hin und wieder im Fernsehen auf, - spielt in Schulen, Waisenhäusern und bei Betriebsfeiern. Vom Flöh und seiner Kraft zu leben, daran war nie auch nur zu denken.Hans Mathes lernte Brunnenbauer, und Ingrid Mathes arbeitete bei einer Messgerätefirma.

 „Nicht einmal die Flöh'", sagt Ingrid Mathes, „kriegst Du heute nachg'schmissen". Sie beziehen sie vom zoologischen Institut in Hamburg und vom Berliner Tropeninstitut. Genommen werden nur Flohdamen, weil die mit ihren zwei bis drei Millimetern größer sind als die Männchen. Wenn die Viecherl zu Mathes kommen, haben sie ein Vierteljahr auf ihrem Mini-Buckel und die erste Eiablage hinter sich. Hin und wieder integriert der Mathes auch einen wilden Floh in seine Truppe - das ist dann, wenn ihm in Nürnberg ein Igel über den Weg läuft. Im Gegensatz zu Hundeflöhen finden nämlich Igelflöhe durchaus Geschmack am Menschenblut und sind also, wenn auch weniger ausdauernd als ein Menschenfloh, domestizier- und dressierbar.

Hans und Ingrid Mathes sind beide 50 und ohne Job. Hans Mathes kann nach einer Bandscheibenoperation keine Brunnen mehr bauen, und Ingrids Firma wurde verkauft. Vor Verfolgung wegen Hexerei müssen sie sich nicht mehr fürchten. Ihnen rückt höchstens mal der Tierschutzverband auf den Leib und moniert, man dürfe den Floh, das blutsaugende Wesen, nicht anbinden.

Es ist 9 Uhr im Flohzirkuswagen auf dem Oktoberfest

Und da sitzt jetzt Hans Mathes mit seinem rasierten linken Arm im Wohnwägen. Es ist 9 Uhr in der Früh, und gleich muss er wieder füttern. Der Floh, sägt er, ist ein Parasit. Und als Parasit kann der Floh doch froh sein; sein windiges einjähriges Flohleben als Arbeitstier anständig über die Bühne zu bringen.

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