2005: Münchner Merkur „Wir arbeiten mit den Urinstinkten des Flohs”: Licht, Schall und Wärme: Das bringt die winzigen Akteure auf Trab.
Der starke Augustin bewegt ganz allein ein Messing-Karussell aus den 50er Jahren, Beckenbauer lässt sich davon nicht beeindrucken und schießt unermüdlich aufs Tor. Ganz ohne Leibwächter ist unterdessen James unterwegs, der die Kutsche von Königin Elizabeth lenkt.
Fast wie im richtigen Leben – mit dem einzigen Unterschied, dass die drei Akteure einen goldenen Draht um den Hals gewickelt haben und die Hauptdarsteller Flöhe sind.
Heuer ist Flohdompteur Peter Mathes nach dreijähriger Pause erstmals wieder mit dem Flohzirkus (Nähe U-Bahn Theresienwiese) auf dem Oktoberfest – und hatte einen schweren Wiedereinstieg: Kurz vor der Wiesn war ihm seine komplette Mannschaft verstorben. In letzter Minute kam Rettung von einem Hundebesitzer aus Riem und jetzt muss Peter Mathes mit einem neuen Team 17 Tage sein Bestes geben.
„Dass die Tiere so schnell gelernt haben liegt wohl daran, dass ich gelernter Pädagoge bin“, mutmaßt er schmunzelnd.
Doch dann gibt der Oberstudienrat aus Nürnberg zu: „Wir arbeiten mit den Urinstinkten des Flohs.“ Und der lautet: Ich will weg.
„Das Training funktioniert über Licht, Schall und Wärme“, berichtet sein Zirkusdirektor-Kollege Robert Birk. Die Wärme bringt die rund 0,2 Milligramm schweren Tierchen erst mal in Bewegung. Dann reagieren sie auf angenehme und unangenehme Reize. „Licht und Schall sind unangenehm, Dunkelheit und Ruhe Belohnung.“ Mehr wird aber nicht verraten, selbst die nächsten Angehörigen wissen nicht, wie die Dressur funktioniert.
Die Flöhe geben bei einer Vorstellung alles, sie verlieren zwei Drittel ihres Körpergewichts. „Deshalb wird bei uns in fünf Schichten gearbeitet“ – davon können ihre menschlichen Kollegen nur träumen.