1953: Erscheint der Floh im Fernsehfunk? Lippstädter Filmreporter dreht Fernsehfilme, Schwierige Flohporträts mit Spezialgerät: Etwas unbeachtet vom Herbstwochentrubel auf dem Marktplatz, darum aber nicht weniger interessant, steht an der. Rückwand der Marienkirche ein kleiner Wagen. Ein Schild verkündet, daß hier, ein Flohzirkus zu besichtigen ist. Und in diesem Zelt wurde Sonntag morgen eifrig gearbeitet. Lampen mit einigen tausend Watt Stärke brannten auf die kleinen Tierchen nieder. Und dahinter ein Mann mit einer Filmkamera: Walter Nies, der neuerdings für den Fernsehfunk arbeitet und hier eine Reportage vom Flohzirkus drehen wollte.
Ein großer Teil der Fernsehsendungen wird zunächst auf Film aufgenommen dann entsprechend bearbeitet und während der üblichen Sendezeiten ,,abgetastet", wie der Fachausdruck lautet. Das ist erforderlich, weil sich die Ereignisse selten während der Sendezeit, also abends, abspielen. Außerdem können interessante Reportagen auf diese Weise auch wiederholt gesendet werden. Und schließlich ist es nicht immer möglich, die schwere Fernsehkamera und den notwendigen technischen Apparat überall hinzubringen. Die Filmkamera ermöglicht es also, auch außerhalb des unmittelbaren Bereichs der Fernsehstudios Ereignisse auf den Bildschirm zu bringen. Außerdem kostete eine Fernsehminute 170 DM und bei kleineren Ereignissen würde sich dieser große technische Apparat nicht rentieren.
Storys für die Funkausstellung
Zu den Kameramännern, die Fernsehfilme herstellen, gehört auch unser Lippstädter Bildreporter Walter Nies, dessen schönster Erfolg es war, daß in dem Musterprogramm der Düsseldorfer Rundfunkausstellung alle zwei Tage eine Reportage von ihm auf dem Bildschirm erschien. Bisher wurden zwischen Bad Pyrmont und Gelsenkirchen eine Anzahl Fernsehstorys hergestellt. Von einem Besuch bei der Bergarbeiterbetreuung, über eine schwierige Reportage in der Bergbauversuchsgrube in Dortmund, Aufnahmen von den zahmen Adlern im Teutoburger Wald bis zu Besuchen in Heilbädern und an der Segelschule Möhnesee waren die verschiedensten Themen vertreten.
Zu den interessantesten Aufgaben aber, so meint Walter Nies, gehört der Versuch, von dem Flohzirkus eine hübsche Fernsehstory zu bringen. Wie schwer es ist mag daraus hervorgehen, dass bereits früher für einen Spielfilm tausend Meter Film verdreht wurden, von denen nur etwa 150 Meter brauchbar waren.
Zwei Flöhe mit Herzschlag
Und so kreuzte Nies denn auch mit dem erforderlichen Gerät am Sonntagmorgen in dem Flohzirkuswagen auf. Drei starke Lampen von insgesamt 2000 Watt Leistung wurden montiert, ein Spezialstativ für Filmaufnahmen aufgestellt und schließlich die moderne Schmalfilmkamera mit einem Spezialobjektiv darauf geschraubt. Mit der Präzision eines Uhrmachers mußte eingestellt werden, um die immer zappelnden Flöhe in den Bereich der Tiefenschärfe des Objektivs, die nur zwei Millimeter betrug, zu bekommen. Zwei der „Artisten“ erlitten unter der sengenden Glut der Lampen einen Herzschlag und wurden von dem Inhaber des Flohzirkus mit einer Träne im Auge zur Seite gelegt, denn ein Floh braucht zur Ausbildung immerhin ein Vierteljahr. Wenn dieser schwierigste Teil, der. Aufnahmen, der in Düsseldorf entwickelt wird, gelungen ist, wird die Rahmenhandlung zu der Story nachgedreht. Der Filmverschleiß bei derartigen Teststreifen ist erheblich und unser Reporter ist froh. wenn eine Minute Großaufnahme gelungen ist, denn die Arbeit mit den winzigen Tieren und den heißen Lampen stellt eine erhebliche Nervenprobe dar.